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Todenhöfer: Gute und böse Taliban

Todenhöfer: Gute und böse Taliban
von Thomas Baader

Jürgen Todenhöfer hat sich erneut als erstrangige Quelle der Fehlinformation erwiesen, wenn es um die Verhältnisse in der islamischen Welt geht. Der Experte, der im Februar 2011 in der Sendung "Maybrit Illner" davon sprach, die ägyptischen Muslimbrüder würden bei den nächsten Wahlen maximal 20% erhalten, der begeistert und zustimmed den früheren ägyptischen Religionsminister Mahmut Zakzouk zitiert (welcher die Todesstrafe für Apostaten für gerechtfertigt hält) und der entgegen des Berichts der vom UN-Menschenrechtsrat eingesetzten Syrien-Untersuchungskommission behauptet, das Massaker von Hula in Syrien sei von Rebellen und nicht von Regierungstruppen verübt worden - dieser Experte hat nun wieder zugeschlagen.

Diese Woche ging es bei Anne Will um Afghanistan:

http://www.ardmediathek.de/das-erste/anne-will/auslandseinsatz-afghanistan-war-es-die-opfer-wert?documentId=12158504#

Relativ am Ende Sendung kommt es nach einem Einspieler, der von Mädchenschulen in Afghanistan handelt, im Studio zur folgenden Situation: Anne Will fragt Jürgen Todenhöfer: "Wenn die Truppen abgezogen sind und die Taliban dann teilweise die Macht wieder übernehmen, werden diese Mädchen dann noch zur Schule gehen können?"

Entschieden antwortet Todenhöfer: "Ja". Und auf Nachfrage nochmal: "Ja, natürlich." Dann erklärt Todenhöfer, dass er auch die New York Times lese, die ausführlich darüber berichtet habe, dass in Afghanistan in von den Taliban beherrschten Gebieten längst wieder Mädchen unterrichtet würden. Außerdem glaubt Todenhöfer bereitwillig den Versicherungen führender Taliban, dass man das in Zukunft flächendeckend machen werde.

Verteidigungsminister Thomas De Maziere widerspricht und weist darauf hin, dass die Taliban gerade kürzlich erst ein vierzehnjähriges Mädchen angeschossen haben, weil es sich für das Recht von Mädchen auf Schulbesuch eingesetzt hat.

Darauf Todenhöfer: "In Pakistan! Jetzt verwechseln Sie schon die Länder."

Todenhöfer versucht sich also am Entwurf des Bildes "Gute pakistanische Taliban, böse afghanische Taliban". Todenhöfer wörtlich: "Es gibt afghanische Taliban, die nationale Widerstandskämpfer sind, und es gibt pakistanische Taliban, die diesen Anschlag begangen haben, die ich für Kriminelle halte, die eine völlig andere Organisation sind. [...] Und ich weiß, dass die Taliban in Afghanistan den Schulbesuch der Mädchen erlauben werden." Leider aber hat Todenhöfer selbst die Länder verwechselt, denn im Artikel der New York Times, auf den er sich bezieht, liest sich das so:

"Girls in the Swat Valley of Pakistan, where the Taliban once declared a ban on female education, can attend school, but they must wear veils that cover their heads and faces, a top official said Monday."
http://www.nytimes.com/2009/03/02/world/asia/02iht-pakistan.1.20523678.html?_r=0

Das, was Todenhöfer dem Verteidigungsminister vorwirft - Aktionen der pakistanischen und der afghanischen Taliban miteinander zu verwechseln -, ist also Todenhöfer selber widerfahren. Die New York Times berichtete darüber, dass in Pakistan (nicht in Afghanistan) Mädchen wieder zu Schule gehen.

Der in der Sendung anwesende Omid Nouripour bestätigt zwar, dass es Teile (!) der Taliban in Afghanistan gibt, die den Schulbesuch von Mädchen tatsächlich erlauben wollen - womit freilich noch nichts darüber ausgesagt ist, ob dieser kompromissbereite Teil der Taliban sich gegen den anderen durchsetzen wird und ob man diesen Beteuerungen überhaupt Glauben schenken darf. Und dort, so Nouripours Ausführungen, wo es tatsächlich verwirklicht wurde, geht es den Taliban weniger um die Bildung der Mädchen, sondern um die Indokrination mit fundamentalistischem Gedankengut(Nouripour: "Koranauslegung aus der Steinzeit"). Außerdem sei mit dem Schulbesuch der Mädchen sowieso sofort Schluss, sobald die Pubertät erreicht sei.

Andere Bericht bestätigen Nouripours diesbezügliche Ausführungen:

"The Taliban edict insists schoolgirls and teachers wear the hijab and study only subjects in keeping with religious and cultural values (extreme fundamentalist ones)."
http://www.cbc.ca/news/world/story/2011/03/30/f-vp-stewart-afghanistan.html

Halten wir als Ergebnisse fest:

- Experte Jürgen Todenhöfer hält einen Bericht der New York Times über die Aktivitäten von pakistanischen Taliban für einen Bericht über die Aktivitäten von afghanischen Taliban.
- Experte Jürgen Todenhöfer hält die pakistanische Variante für Kriminelle, die afghanische für "nationale Widerstandskämpfer". Es mag Herrn Todenhöfer aber entgangen sein, dass diese nicht-kriminellen Widerstandskämpder aus Afghanistan vielleicht keiner Vierzehnjährigen in den Kopf geschossen haben - dafür haben sie aber einen achtjährigen Jungen als "Spion" erhängt und einer Achtzehnjährigen die Nase abgschnitten.
- Bei seiner sauberen Trennung zwischen den beiden von ihm wahrgenommenen Taliban-Flügeln ist Todenhöfer zudem auch entgangen, dass zahlreiche Taliban, die in Afghanistan operieren, sowieso pakistanischer Herkunft sind.

Man darf auf die nächste Expertenaussage gespannt sein.

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mathieu
24.10.2012 08:45:01
Todenhöfer
Vielleicht hat Todenhöfer mal einen "netten" Taliban kennen gelernt. So weit ich das im TV verfolgt habe, hat er an den afghanischen Taliban irgendwie einen Narren gefressen. Andererseits habe ich Todenhöfer aber auch differenziert erlebt. Er war z.B. jemand, der es richtig fand, dass USA bin Laden ausgeschaltet hat. Als Experten nehme ich ihn nicht ernst, für eine Talkshow ist er aber immer eine Bereicherung.
Leider wird bei Afghanistan kaum noch erwähnt, wie es früher dort zuging und dass es nicht nur um Terror-Prophylaxe im Westen geht, sondern dass auch Terrorherrschaft gebrochen wurde.
Tabu
19.10.2012 19:15:22
woher?
Das geht über meinen Verstand, dass frauenfeindliche, gewalt-geile Fanatiker wie die Taliban (egal, woher) von Todenhöfer verteidigt werden. Woher kommt dieser Drang, sich auf die Seite von Tätern zu stellen?
2 Elemente gesamt
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